22.03.2023
Zum Inhalt
Wir schreiben das Jahr 7049. Ort des Geschehens: die Erde, ein kleines Dorf im ehemaligen Niederbayern. Nach dem Untergang der irdischen Zivilisation vor rund 5000 Jahren hat sich der Planet ökologisch stark verändert. Die einzig verbliebenen Bewohner sind Bauern und Handwerker, die ein trostloses Dasein ohne nennenswerte technische Errungenschaften zur Erleichterung ihrer Kämpfe fristen. Sie sind die kläglichen Überreste einer einst hoch entwickelten Kultur.
Da erreicht ein außerirdisches Raumschiff die Erde. Es kommt von Demeter, einer irdischen Kolonie auf dem zweiten Planeten des Tau Ceti-Systems.
Die Landung verläuft katastrophal, nur ein einziger Insasse überlebt den Absturz. Der verletzte Außerirdische wird zur medizinischen Versorgung in das Dorf Niedernbach gebracht. Nach seiner Genesung versucht er sich an die unbekannte Umgebung zu gewöhnen.
Theophilus Arkwhil, so der Name des Demeter-Besuchers, nimmt die Lebensweise der Dorfgemeinschaft unter die Lupe. Doch die ärmlichen Lebensverhältnisse, die er vorfindet, machen ihn fassungslos. Er bringt seinen Rettern wenig Mitgefühl und Verständnis entgegen, was dazu führt, dass die Einheimischen ihm misstrauisch gegenüberstehen. Deshalb hüten sie einige Geheimnisse vor ihm.
Der Demetianer erfährt in groben Zügen, was in den letzten Jahrtausenden auf der Erde geschehen ist und wie es zum völligen Untergang der irdischen Zivilisation kam. Hauptursache war das Auftauchen der sogenannten »Mobys« vor fünf Jahrtausenden. Diese kolossalen Amöben wurden entwickelt, um Umweltschadstoffe aufzuspüren und zu beseitigen. Sie verrichteten ihre Arbeit mit so bemerkenswerter Effizienz, dass man ihnen später besondere mystische Fähigkeiten nachsagte. Wenn ein Mensch einen Moby mit bloßen Händen berührte, öffnete sich ihm ein schillerndes Universum, »das alles enthielt, was jemals auf Erden erlebt und gefühlt worden war«.
Die verführerische Traumwelt der Mobys zog immer mehr Anhänger an, störte das öffentliche Leben und gipfelte in einem weltweiten Bürgerkrieg zwischen Anhängern und Gegnern der Kreaturen. In der Folge sank das kulturelle und technische Niveau auf der ganzen Welt rapide ab. Doch dank der enormen Informationsmenge, die in den kolossalen Amöben enthalten war, konnte der Abstieg der Menschheit in eine primitive, prähistorische Epoche verhindert werden.
Arkwhil äußert gegenüber seinen Gastgebern den Wunsch, eines Tages die Überreste einer einst großen Metropole zu besichtigen. Sofort engagieren sie Marja, eine junge Frau, um ihn zu begleiten und ihm bei seinen Erkundungen zu helfen.
Die Reise ist beschwerlich und voller Gefahren. Zudem erweist sich Arkwhil als wenig angenehmer Zeitgenosse. Marja gibt sich alle Mühe, für sein Wohlergehen zu sorgen. Doch seinen Ansprüchen kann sie kaum gerecht werden. Fortwährend beklagt er sich, äußert seinen Unmut über die Umstände und macht ihr zudem ständig Vorwürfe. Der Abgesandte Demeters erweist sich als wenig lebenstüchtig.
Die Reisenden entdecken die verlassene Siedlung Steppenweiler und erfahren vom schrecklichen Schicksal ihrer Bewohner. Seit einiger Zeit kommt es immer wieder zu Überfällen riesiger Rattenschwärme. Die Tiere gehen koordiniert und planmäßig vor und vernichten jedes menschliche Leben.
Marja und Arkwhil entdecken schließlich die Ursache der bedrohlichen Rattenangriffe und wer dahinter steckt. Unter dem Einfluss radioaktiver Strahlung uralter irdischer Technologie ist eine dunkle und mächtige Intelligenz entstanden. Marja begegnet deren Vertretern und ein gegenseitiges Verstehen gelingt. Dem Mädchen wird sein zukünftiges Schicksal offenbart.
Da trifft eine weitere Expedition von Demeter ein. Überglücklich schließt sich Arkwhil seinem Volk an, im »Gepäck« zwei Mobys.
Marja kehrt in ihr Dorf zurück, verändert durch die Reise und mit einem neuen Blick auf ihre Welt. Über das Schicksal der Menschen auf Demeter kann man nur spekulieren, schließlich sind da noch die beiden Mobys...
Hintergrund
Reinhard Köhrer wurde vor allem durch seinen Roman »Menschenspuren« bekannt. Das Buch wurde 2004 für den renommierten Kurd-Laßwitz-Preis nominiert und ist leider ein Beispiel dafür, dass nicht jedes gute Werk immer einen renommierten Verlag findet. Denn der Roman ist nur als Print-on-Demand über den Service BoD erhältlich.
Persönliche Wertung
Der Roman »Menschenspuren« ist für mich eine originelle und spannende Mischung aus Abenteuerroman, Gesellschaftskritik und philosophischer Reflexion. Der Leser begleitet die Protagonisten auf ihrer Reise durch eine glaubwürdig und bildhaft dargestellte Welt des Jahres 7049. Die dramatischen Folgen des Raubbaus an unserer Umwelt werden drastisch geschildert. Die fremde Intelligenz und der Konflikt mit den Menschen sind überaus reizvoll beschrieben. Besonders gefallen hat mir auch, dass Marja nicht nur die Vergangenheit der Menschheit entdeckt, sondern auch ein Geheimnis über sich selbst und das Schicksal der Erde.
Der Autor Reinhard Köhrer versteht es meisterhaft, seine Figuren lebendig und glaubwürdig zu gestalten und ihre inneren Konflikte darzustellen. Die Sprache des Romans ist klar und poetisch zugleich und schafft eine eindrucksvolle Atmosphäre von Schönheit und Melancholie. Die detaillierten Beschreibungen der Ruinen Münchens vermitteln dem Leser ein starkes Gefühl von vergangener und vergehender Zeit.
Es lohnt sich, den Roman mehrmals zu lesen. Ich habe meine eigene Erfahrung damit gemacht. Als ich ihn vor ca. 20 Jahren zum ersten Mal gelesen habe, war ich etwas verärgert über das in meinen Augen herzlose Verhalten Marjas gegenüber dem Demetianer. Auch das Ende des Buches fand ich unbefriedigend. Beim nochmaligen Lesen habe ich es nun genau umgekehrt empfunden. Jetzt habe ich mich über das naive und kindische Verhalten von Arkwhil geärgert, und was mit den Leuten auf Demeter passieren wird, nun, das geschieht ihnen wohl zurecht...
Der Roman »Menschenspuren« ist für mich ein besonderes Buch und ich kann es nur jedem an SF interessierten Leser empfehlen.
Zum Buch
Originaltitel: | Menschenspuren |
Autor: | Reinhard Köhrer |
Verlag: | BoD Books on Demand GmbH Norderstedt, 2003 |
Seitenzahl: | 320 |
Ausgabe: | Paperback |
Quellen
[1] Reinhard Köhrer – Menschenspuren, BoD Books on Demand GmbH Norderstedt, 2003
Das Moby-Bild wurde mit Microsoft Bing Bildersteller erzeugt.