18.08.2021
Zum Inhalt
Andrej Petrowitsch Iljin, Konstrukteur und Pilot des ersten interplanetaren Raumschiffs, fliegt von der Erde zum Mars. Die Rakete löst sich vom Boden und jagt in den blauen, schon dunkelnden Abendhimmel.
Zur geplanten Zeit wird die Startstufe abgeworfen und das Raumschiff entfernt sich mit zunehmender Geschwindigkeit von der Erde. Dann auf einmal ein Bersten und Krachen. Iljin meldet eine plötzliche Zunahme der Beschleunigung. Die Steuerung versagt und die Triebwerke können nicht abgeschaltet werden. Der Funkkontakt zwischen Rakete und Bodenpersonal verschlechtert sich und bricht schließlich ab. Die Rakete rast in Richtung Sternbild Jungfrau.
Das Raumschiff beschleunigt immer weiter. Große Überlastung drückt Iljin in den Sitz. Der Pilot muss tatenlos warten, bis die Brennstoffvorräte erschöpft sind. Dazu kommt es jedoch nicht. Im Atomreaktor wird unbegreiflicherweise der Brennstoff nicht verbraucht, sondern erzeugt. Deshalb läuft das Triebwerk immer weiter! Inzwischen überquert die Rakete die Marsbahn.
Der Pilot analysiert, was geschehen ist und wägt seine Überlebenschance ab. Verpflegung, Wasser und Luft sind für eineinhalb Jahre vorhanden. Jedoch kann er sich wenig Hoffnung auf eine Rückkehr zur Erde machen.
Iljin führt Tagebuch und notiert seine Beobachtungen. Aufgrund der inzwischen erreichten Geschwindigkeit machen sich relativistische Effekte bemerkbar. Die Farben der Sterne werden durch den Dopplereffekt verschoben.
Nach über zwei Monaten stellt der Antrieb seine Arbeit ein. Iljin erlebt die Schwerelosigkeit. Er würde das Triebwerk gern untersuchen, muss jedoch warten, bis es abgekühlt ist.
Erst nach einigen Tagen unternimmt der Pilot einen Weltraumspaziergang, prüft den Antrieb und stellt Sabotage fest. Iljin steht vor der Frage, was soll er reparieren? Schließlich lässt er alles, wie es ist und stellt nur die Steuerfähigkeit des Antriebs wieder her. Das Triebwerk zündet ohne Probleme.
Wieder drückt Iljin die große Last der Beschleunigung in den Sitz. Aber nun fliegt er in Richtung Erde! Das Raumschiff landet vor Tagesanfang in der Nähe Moskaus, seine Ankunft bleibt unbemerkt.
Iljin fragt einen Passanten nach der Zeit. Mit Schrecken wird ihm bewusst, dass auf der Erde inzwischen zwölf Jahre vergangen sind.
Wer wird ihn jetzt noch erwarten? Nachdenklich macht er sich auf den Weg zu seiner alten Arbeitsstätte…
Hintergrund
Die Kurzgeschichte »Den Sternen entgegen« erschien erstmals 1955 in der Zeitschrift »Знание-сила«. Im Jahr 1960 wurde sie unter dem neuen Titel »Где вы, Ильин?« (Wo sind sie, Iljin?) im Buch »Черные звезды« (Schwarze Sterne) zum zweiten Mal veröffentlicht.
Die Kleine Jugendreihe war eine an Jugendliche gerichtete populäre Heft-Reihe mit Erzählungen der Genres Krimi, Abenteuer und Science Fiction in der DDR.
Die Kurzgeschichte »Sind wir die ersten auf dem Mars?« von Gleb Golubew erzählt vom Flug zum Mars während der Großen Opposition von 1971. Die Teilnehmer der Expedition berichten von vielen außergewöhnlichen Dingen. So gibt es trotz der dünnen Mars-Atmosphäre Wälder mit kleinwüchsigen Bäumen und sogar Tiere sind den Kosmonauten begegnet.
Dann entdecken sie eine alte Raketenstartanlage. Die Raumfahrer fragen sich, wer sie gebaut haben könnte. Waren es Marsianer oder Gäste aus dem All?
Persönliche Wertung
Die Kurzgeschichte von Wladimir Sawtschenko hat mich freudig überrascht. Wie in fast allen seiner Werke ist sie in einem »ingenieurmäßigen« Stil geschrieben, bei dem der Schwerpunkt auf der detaillierten Analyse einer Entdeckung oder Erfindung liegt. Glücklicherweise leidet der Unterhaltungswert der Handlung jedoch nicht darunter. [2]
Gleich zu Anfang der Geschichte beklagt sich der Polizeichef des Flughafens jämmerlich über die SF-Schriftsteller, die die jungen Leute mit ihren Büchern verderben und auf abenteuerliche Ideen bringen würden. Immer käme in ihren Geschichten ein blinder Passagier vor, der es schafft, sich an Bord eines bald startenden Raumschiffes zu schleichen. Kinder und Jugendliche nähmen sich daran dann ein Beispiel. Mir ist nur ein Buch – »Marsmond Phobos« von Gerhard Matzke – bekannt, wo dieser Autorenkniff verwendet wurde. Ich finde es jedenfalls sehr amüsant, dass Wladimir Sawtschenko auf diese Weise seine Kollegen etwas auf die Schippe nimmt.
Warum nicht die Frau – sie ist Testpilotin und hat bisher alle Flugzeuge ihres Mannes getestet (!) – die Rakete fliegt, ist ebenfalls spaßig und eine ungewöhnliche Idee des Autors.
Seine Beschreibung des Raumflugs, der relativistischen Effekte und die Überlegungen des Piloten wirken sehr überzeugend. Auch wie der Autor, das Paradoxon der Zeitdehnung beim Flug nahe der Lichtgeschwindigkeit und die Unmöglichkeit eines Überschreitens dieser Grenze erklärt, gefällt mir sehr.
Genial finde ich den Moment als der Kosmonaut nach zwölf Jahren vor seinem eigenen Denkmal steht und sinniert: »Nun, wennschon – es war nicht eben unangenehm, sein eigenes Denkmal zu besichtigen. Lediglich das Datum müsste geändert werden, natürlich …«
Diese Geschichte hat mich bewogen, mich intensiver mit dem Werk von Wladimir Sawtschenko zu beschäftigen.
Über die zweite Geschichte »Sind wir die ersten auf dem Mars?« möchte ich lieber den Mantel des Schweigens decken.
Die Abenteuer auf dem Mars weisen interessante Details auf. Jedoch ist die Geschichte, im Stil einer Reportage geschrieben, anstrengend zu lesen. Die flapsige und sprunghafte Sprache lässt den Leser nur schnell über die Zeilen huschen, um das Wesentliche zu erfassen.
Zum Buch
Russischer Originaltitel: | Навстречу звёздам (Den Sternen entgegen) Межпланетный репортаж (Sind wir die ersten auf dem Mars?) |
Autoren: | Wladimir Sawtschenko / Gleb Golubew |
Deutsch: | Heinz Machatscheck |
Verlag: | Verlag Kultur und Fortschritt Berlin 1958 |
Seitenzahl: | 58 |
Ausgabe: | Heft Kleine Jugendreihe 4/1958 |
Quellen
[1] Den Sternen entgegen – Verlag Kultur und Fortschritt Berlin 1958, Kleine Jugendreihe 4/1958
[2] Владимир Савченко – Лаборатория Фантастики
Umschlag und Illustrationen: Theo Thomas