13.08.2023

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Das Geheimnis des Unsichtbaren

Im Jahr 1942

Ein umfangreicher Aufsatz berichtet über eine aktuelle Erfindung Anfang der 1940er Jahre. Ein Wissenschaftler benutzt ein neuartiges Telefon mit Bildübertragungsfunktion. Auf diese Weise verfolgt er eine Tauchexpedition im Baikalsee und spricht mit einem Kollegen.

Eines Tages findet in allen Schulen der Sowjetunion ein Geographie-Tag statt. Die Schülerinnen und Schüler versammeln sich in der jeweiligen Aula und unternehmen live per Video eine Flugreise zum Gokcha (Sewansee) in Armenien und verfolgen die Arbeit in der dortigen Forellenfischerei. Die Reise geht weiter nach Eriwan und schließlich richtet sich die Linse der Fernsehkamera auf die beiden Gipfel des Berges Ararat. Die Kinder erleben den gesamten Flug so, als säßen sie selbst im Flugzeug.

Flugzeug ueber SeeBerg Ararat

Im Kreml-Krankenhaus erreicht Professor Stojanow ein Notruf von der Uschakow-Insel im Nordpolarmeer. Per Telemedizin verbindet er sich mit dem dortigen Arzt und verfolgt dessen Untersuchung eines erkrankten Stationsmitarbeiters. Ein stereoskopisches Röntgengerät liefert klare Bilder von den Organen des Patienten. So kann eine sichere Diagnose gestellt und mit der Behandlung begonnen werden. Wenige Tage später ruft die Frau des erkrankten Mitarbeiters in der Polarstation an und erfährt, dass es ihrem Mann wieder besser geht.

Telemedizin

Dann wird vom Bau einer großen Solaranlage für eine Baumwollfabrik in der Nähe von Taschkent berichtet. Die Solarzellen, die die Maschinen der Fabrik mit Strom versorgen, zeichnen sich durch einen sehr hohen Wirkungsgrad aus.

Solarkraftwerk

Annäherung / Flug zum Mond

Eine sowjetische Rakete erreicht den Mond und setzt zur Landung an. Der Autor des Essays hofft, dass ein Flug zum Mond in Zukunft so selbstverständlich sein wird wie eine Fahrt mit der Eisenbahn.

Zu Besuch bei Maestro

Maestro ist ein genialer Erfinder, der durch seine Experimente im Fernsehen in der ganzen Sowjetunion bekannt wurde. Gegenüber seinen Freunden und Bekannten beklagt er sich über die Folgen seiner Berühmtheit. Die Leute ließen ihn nicht mehr in Ruhe, bedrängten ihn mit Stellengesuchen, Wohnungsangeboten...

Deshalb verbietet er seinem Freund, weiter öffentlich über seine Experimente zu sprechen.

So vergehen einige Jahre. Sie sehen sich gelegentlich. Maestro beschäftigt sich nun mit allen möglichen Arten von Wellenstrahlung. Außerdem ist Elektrizität so etwas wie seine zweite Natur. Er erforscht elektrische Phänomene mit Leichtigkeit.

Eines Abends im Sommer ist an einer Hauswand in einer Moskauer Straße eine seltsame Lichterscheinung zu sehen. Die Anwohner sind aufgeregt. Ein Team von Wissenschaftlern ist am nächsten Tag vor Ort, kann aber die Ursache der Erscheinung nicht finden.

Leuchterscheinung

Da meldet sich Maestro bei seinem Freund. Natürlich steckt er hinter dem Ereignis und will seinem Freund von seinen neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen berichten. Ganz aufgeregt präsentiert Maestro seinen UGEC, einen universellen Generator für elektromagnetische Schwingungen. Er führt einige Experimente durch, zum Beispiel stoppt er die Lebensfunktionen einer Ratte, um sie kurz darauf wieder »zum Leben zu erwecken«.

Versuch mit der Ratte

Dann bat er seinen Freund, einen Gegenstand aus Gold mitzubringen, um kurz darauf ein Gerät zu präsentieren, das verschiedene Metalle anhand der Schwingungen ihrer Teilchen »erkennen« kann.

Maestro findet einfach kein Ende in seinem aufgeregten Vortrag und merkt nicht, dass sein Bekannter immer unruhiger wird. Schließlich beschwert sich der Freund, dass er den vielen Experimenten nicht mehr folgen kann, müde ist und außerdem großen Hunger hat. Daraufhin holt Maestro eine Packung bratfertiger Koteletts hervor und will seine Vortrag fortsetzen. Daraufhin flieht der Freund aus dem Labor. Wahrscheinlich hätte Maestro jetzt vorgeführt, wie er das Fleisch mit seinem Gerät zubereitet.

Das Geheimnis des alten Schlosses

Wir schreiben das Jahr 1944, es ist Herbst. Die Soldaten der Roten Armee kämpfen bereits auf polnischem Boden. In einem alten polnischen Adelssitz wird ein sowjetisches Feldlazarett eingerichtet. Das alte Schloss ist düster, aber die Inneneinrichtung ist weitgehend intakt und in gutem Zustand. Ärzte und Krankenschwestern nehmen ihre Arbeit auf.

Das Schloss

Eines Abends bekommt ein Major der Sanitätseinheit Besuch von Schwester Marina. Die junge Frau ist aufgeregt und wirkt niedergeschlagen. Sie berichtet von unheimlichen Vorkommnissen in ihrem Zimmer und beginnt, an ihrem Verstand zu zweifeln. Sie hört Schritte in der Nähe, Geräusche von jemandem, der raucht und schläft, und das Rascheln von Papier. Gleichzeitig ist niemand zu sehen.

Der Major versucht, die junge Frau zu beruhigen und schreibt ihr Erlebnis einem Traum zu. Er erzählt ihr von seinen eigenen kindlichen und sehr ungewöhnlichen Traumerlebnissen. Marina gibt jedoch zu bedenken, dass sie die geschilderten Phänomene im Wachzustand deutlich wahrgenommen habe. Der Offizier kontrolliert das Zimmer der Schwester, kann aber nichts feststellen.

Einige Tage später soll das Lazarett verlegt werden, und der Major hat keine Zeit, über Marinas Erlebnisse weiter nachzudenken. Doch am Abend vor der Abreise aus dem Schloss hört der Offizier plötzlich selbst Geräusche in seinem Zimmer. Deutlich hört er, wie sich jemand im Bett bewegt und seinen Namen ruft. Es ist Marinas Stimme. Doch er ist allein im Zimmer.

Er sucht die junge Frau und beide stellen fest, dass ihre Zimmer auf unerklärliche Weise akustisch miteinander verbunden sind. Der Major hofft, nach dem Krieg einen Freund in Moskau zu treffen. Dieser sei ein großer Erfinder und könne das Phänomen vielleicht aufklären.

Marina und der Major werden ein Paar und beschließen zu heiraten. Vorher treffen sie den berühmten Erfinder Maestro. Dieser hört sich ihre Geschichte an, denkt eine Weile darüber nach und bittet sie, die Hochzeitsfeier auf den 31.12. zu verschieben und bei ihm zu Hause zu feiern. Er habe eine Überraschung geplant.

Am letzten Tag des Jahres werden sie von Maestros Assistenten empfangen, der ihnen mitteilt, dass sich sein Chef verspäten werde. Das Brautpaar setzt sich zu den Gästen an den reich gedeckten Tisch und die Feier beginnt.

Kurz vor Mitternacht klopft es an der Tür und der Assistent bittet herein. Schritte sind zu hören und aus der Mitte des Raumes ertönt die Stimme des Maestros - doch niemand ist zu sehen! Der geheimnisvolle Auftritt des Hausherrn ist nur der Beginn eines sorgfältig vorbereiteten Programms für eine ganz besondere Hochzeits- und Silvesterfeier.

Pünktlich zum Jahreswechsel erscheint Maestro leibhaftig und verkündet seinen Freunden, dass er das Geheimnis des alten Schlosses gelüftet hat. Er lädt sie für den nächsten Tag ins Kino ein. Dort erleben sie eine phantastische Vorführung von sehr realistischen Filmen, die sich durch eine perfekte Stereokulisse auszeichnen. Aber auch hier verrät er das Geheimnis nicht.

Sie besuchen Maestros Labor und er löst einen Teil des Tonrätsels und hat viel Spaß dabei. Leider kann der Erfinder nicht alles erklären. Er bekommt einen dringenden Anruf und muss einen Auftrag erledigen. Aber er verspricht seinen Freunden, ihnen einen ausführlichen Brief zu schreiben, in dem er alle Phänomene mit Hilfe der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse erklären wird.

Hintergrund

Das Buch »Тайна невидимки« (»Das Geheimnis des Unsichtbaren«) ist eine Sammlung von Texten, die zu unterschiedlichen Zeiten entstanden, einzeln veröffentlicht und für das 2016 im Verlag »Alkonost« nur als E-Book erschienene Gesamtwerk teilweise stark überarbeitet wurden.

Eine der Fassungen der Erzählung »Das Geheimnis des alten Schlosses« erschien 1954 in der »Kleinen Jugendreihe« in deutscher Sprache.

Persönliche Wertung

Der Aufsatz »Im Jahre 1942« ist ein Beispiel dafür, wie im vergangenen Jahrhundert über neueste und zukünftige wissenschaftliche Entdeckungen berichtet wurde. Er sollte den Leser von der Leistungsfähigkeit und Überlegenheit des eigenen Landes überzeugen und war zum Teil mit viel Propaganda verbunden. Bei Dolguschin gipfelt dies in der exemplarischen Passage:

»In allen bewohnten Teilen des großen Landes marschierten Kolonnen neuer Menschen und zogen über schön geschmückte Plätze. Und dort, auf den Tribünen, auf den Bildschirmen, .... stand, umgeben von Freunden und Mitstreitern, lächelnd und zum ganzen Land sprechend, der große Stalin«.

Die Kurzgeschichte »Zu Besuch bei Maestro« ist auf jeden Fall sehr lustig. Der Leser kann sich einen etwas verschrobenen Erfinder vorstellen, der in seinem chaotischen Labor an neuen Erfindungen tüftelt und voller Begeisterung seinen Besucher beeindrucken will. Man spürt die leichte Unsicherheit des Maestros. Viele Erfindungen beruhen auf Zufall, manches ist noch recht provisorisch. Typisch ist auch sein Umgang mit der Ratte. Ihn interessiert nur seine Forschung, was mit dem Tier passiert oder wie es sich fühlt, daran denkt er überhaupt nicht.

Die letzte Kurzgeschichte »Das Geheimnis des alten Schlosses« gefällt mir sehr gut, obwohl ich die Version aus der »Kleinen Jugendreihe« bevorzuge. Hier ist die Handlung logischer und erhält durch die sich entwickelnde Liebesgeschichte zwischen dem Major und Marina einen besonderen Reiz. Der Offizier muss hier nämlich für einige Tage das Lazarett verlassen und findet bei seiner Rückkehr einen Brief der jungen Frau vor. Darin teilt sie ihm mit, dass sie glaubt, Teil eines seiner Experimente gewesen zu sein, von denen er ihr erzählt hat. Sie ist überzeugt, seine Stimme und seine Art, mit dem Feuerzeug umzugehen, aus den geheimnisvollen Geräuschen herausgehört zu haben. Marina ist ihm nicht böse, aber sie verlässt die Einheit.

SchlossMajor findet den Brief

Der Major ist erschüttert und begreift erst jetzt, was die junge Frau für ihn bedeutet. Er trifft einen alten Mann, der ihm von der letzten polnischen Herrschaft im Schloss erzählt. Maestro taucht in dieser Version der Geschichte als Verbindungsoffizier auf und löst das Rätsel: Ein kleiner Gauner hat ihm eine wichtige Erfindung gestohlen und ist nach Polen geflohen. Dort nimmt er eine Stelle als Verwalter des Schlosses an, installiert Lautsprecher und Mikrophone in zwei Zimmern und erschreckt den alten Pan Karol so sehr, dass dieser seinen eigenen Sohn enterbt und alles dem Verwalter vermacht, bevor er vor Angst stirbt.

Der Alte erzaehltGauner ueberfuehrt

Die geheimnisvolle Atmosphäre des alten polnischen Schlosses... Knarren... Rascheln... vielleicht sogar Gespenster - dem Autor gelingt es sehr gut, eine unheimliche Stimmung zu erzeugen. Er versteht es auch sehr gut, seine Leser lange im Unklaren über die Ursache der unheimlichen Phänomene zu lassen.

Auch wie sich die Beziehung zwischen dem Major und Marina entwickelt, unter welchen Umständen sie sich wiedersehen und wie die Ursachen für die mysteriösen Geräusche erklärt werden, gefällt mir in der Heftversion der »Kleinen Jugendreihe« besser.

Ich habe mich bei der Lektüre der »Maestro«-Reihe sehr gut unterhalten gefühlt und empfehle besonders die deutsche Übersetzung der Geschichte »Das Geheimnis des alten Schlosses«.

Zum Buch

 Russischer Originaltitel:  Тайна невидимки (Das Geheimnis des Unsichtbaren)
 Autor:  Juri Dolguschin 
 Verlag:   Alkonost 2016
 Seitenzahl:  78
 Ausgabe:  E-Book

Quellen

[1] Тайна невидимки - Juri Dolguschin, Verlag Alkonost 2016

[2] Labor Belletristik – fantlab.ru

[3] ПУБЛИЧНАЯ БИБЛИОТЕКА - (Vadim Ershov & Co. Elektronische Bücherregale)

[4] Das Geheimnis des alten Schlosses – Juri Dolguschin, Verlag Kultur und Fortschritt 1954, Übersetzung Götz Barndt, Illustrationen Rudi Lehmann

Die Illustrationen Coverbild, Das Schloss, Major findet den Brief, Der Alte erzählt und Gauner überführt wurden von © Rudi Lehmann gezeichnet.

Alle anderen Grafiken wurden mit dem Bing-Bildgerator erzeugt.

Das Coverbild stammt von der Seite fantlab.ru, der Künstler ist mir nicht bekannt.

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