27.05.2020

Das Ansible

Es ist allgemein bekannt, dass herkömmliche Kommunikationsmethoden basierend auf elektromagnetischen Wellen durch die Lichtgeschwindigkeit begrenzt sind. Funknachrichten wären innerhalb unseres Sonnensystems mindestens Minuten, wenn nicht sogar viele Stunden unterwegs.

Ein Gespräch zwischen der Erde und einem anderen Planeten wäre zudem noch von den relativen Positionen der beiden Himmelskörper auf ihren Umlaufbahnen abhängig.

Eine sinnvolle Kommunikation zwischen uns und dem nächstgelegenen Stern Proxima Centauri wäre mit dieser Methode erst recht nicht sinnvoll. Zwischen dem Senden einer Nachricht und dem Empfang einer Antwort würden rund neun Jahre vergehen.

Wie könnte man dann dieses Problem lösen? Science-Fiction-Autoren verweisen auf die Verwendung von Wurmlöchern. Man baut einfach eine stabile Einstein-Rosen-Brücke, lässt ein Ende auf der Erde, fliegt mit dem anderen zum Mars und zieht dann ein Glasfaserkabel durch. Geschafft! Sofortige interstellare Internetverbindung mit so viel Bandbreite, wie man auch immer benötigt . Das setzt natürlich voraus, dass wir es irgendwie schaffen, stabile Wurmlöcher zu erzeugen und sie dann auch auf unbestimmte Zeit offen zu halten.

Eine andere Idee für eine FTL-Kommunikation ist das sogenannte Ansible und stammt von Ursula K. Le Guin. Orson Scott Card verwendet ein solches Gerät übrigens auch in seinem Ender-Zyklus. Gewöhnlich wird angenommen, dass das Ansible nach dem Prinzip der Quantenverschränkung funktioniert, aber selbst das hängt davon ab, wen man zu dem Thema fragt. Le Guin selbst umgeht diese Schwierigkeit, indem sie den Begriff »Gleichzeitigkeit« verwendet.  Eine noch unentdeckte Kraft (ähnlich wie, aber gleichzeitig auch anders als die Schwerkraft) hält die Ansibles synchron und ermöglicht eine sofortige interstellare Kommunikation.

Das Ansible Le Guins hat nur eine geringe Brandbreite. Es kann nur so etwas wie eine SMS versendet werden. Aber dafür erscheint der getippte Text auf dem Lichtjahre weit entfernten Bildschirm sofort. Und das wäre doch eine großartige Sache! Leider muss auf der Gegenseite rund um die Uhr jemand sitzen, der dann auf die Nachricht reagiert.

Wie könnte dann ein sogenanntes »Interstellares Internet« funktionieren? Da verweise ich auf einen überaus interessanten Beitrag der Webseite von Luke Maciak.

NAFAL-Schiffe

Das Reisen zwischen den Welten des Hainish-Zyklus erfolgt mit NAFAL-Schiffen (Nearly As Fast As Fast As Light). Die diesem Prinzip zugrundeliegende Physik wird nie erklärt.

Ein Schiff verschwindet am Abreiseort und taucht viele Jahre später an seinem Ziel wieder auf. Der Flug dauert etwas länger, als wenn die gleiche Strecke mit Lichtgeschwindigkeit zurücklegt worden wäre. Im Schiff selbst dagegen vergehen nur wenige Stunden.

Diese Art des Raumflugs eignet sich nicht für Reisen innerhalb eines Sonnensystems.

Die Reisen können in der Nähe eines Planeten beginnen oder enden. Aber wenn sie ohne »Zeitumwandler« durchgeführt würden, könnte es am Ende langer Reisen zu drastischen physischen Auswirkungen kommen. Zumindest erzählt das ein Shing im Gespräch mit Ramarren in »Stadt der Illusionen«.

Es ist auch tödlich, wenn die Reisende schwanger ist (»Die Geschichte der Shobies«).

Der Roman »Stadt der Illusionen« erwähnt automatische Todesmaschinen, die nach dem gleichen Prinzip wie das Ansible funktionieren und entfernte Welten augenblicklich treffen können. Solche Bombenschiffe kommen bei der Zerstörung der Rebellenbasis auf Rokanan zum Einsatz. Diese Waffen werden jedoch in späteren Büchern nicht mehr erwähnt.

Das Churten

Die Churten-Theorie wird von den Physikern auf Anarres entwickelt und soll es Menschen ermöglichen, ohne Zeitverzug von Sonnensystem zu Sonnensystem zu reisen. Sie ist eine Weiterentwicklung des Werkes von Shevek. Seine Geschichte wird in »Die Enteigneten« erzählt.

Sheveks Arbeit macht das Ansible erst möglich. Ingenieure begannen umgehend mit seinem Bau, nachdem die richtige Theorie gefunden worden war.

Die Churten-Theorie bietet eine Möglichkeit, Menschen und Raumschiffe augenblicklich zu bewegen, aber es gibt Nebenwirkungen. Diese werden in drei Kurzgeschichten beschrieben: »Die Geschichte der Shobies«, »Tanzend nach Ganam« und »Eine andere Geschichte oder ein Fischer des Binnenmeeres«.

Post-technologische Welten

Beschreibungen post-technologischer Gesellschaften und des sozialen und ökologischen Zusammenbruchs finden sich in mehreren der Geschichten. Diese werden als Folge falscher Lebensweise am Beispiel einiger Zivilisationen dargestellt. Dazu gehören konkurrierende, kapitalistische, patriarchalische, sich überaus schnell entwickelnde, aggressive und ökologisch zusammenbrechende Kulturen.

Erfolgreiche Gesellschaften hingegen werden als naturverbunden, friedlich, nicht autoritär, nicht konkurrierend, statisch, gemeinschaftlich und einer ganzheitlichen Sichtweise der östlichen Religionen folgend beschrieben.

Terra, die Erde, wird mehrfach als eine gescheiterte Zivilisation erwähnt.

  • Der Roman »Die Enteigneten« erwähnt eine ökologische Katastrophe auf der Erde. Kriege und eine rasante industrielle Entwicklung richten den Planeten zugrunde. Die Umweltverschmutzung verwandelt die Welt in eine Wüste und ruiniert ihre Lebensfähigkeit. Die Bevölkerung geht von neun Milliarden auf eine halbe Milliarde zurück. Nur durch Rationierung, Verpflichtung zur Arbeit, Euthanasie, strenge Geburtenkontrolle und die Wohltätigkeit der Hainish können die Terraner überleben.
  • Das Buch »Stadt der Illusionen« beschreibt eine ferne Zukunft der Erde. Wieder leiden der Planet und seine Bevölkerung unter den Folgen eines Zusammenbruchs und hat den Kontakt zu den Sternen verloren.
  • Die Kultur auf Elf-Soro erreicht einen hohen technischen Stand und erlebt dann einen massiven Kollaps. Berichtet wird dies in der Kurzgeschichte »Solitude« in »The Birthday of the world«.
  • Hain selbst ist zu einem einfacheren Leben zurückgekehrt, wobei Hochtechnologie nur dort eingesetzt wird, wo sie gerechtfertigt werden kann. Dies wird im ersten Teil von »A Man of the People« in »Four Ways to Forgiveness« erzählt wird. Dies scheint auch für den Planeten Ve zu gelten.
  • Orint und Tschachach werden beiläufig als Welten erwähnt, die sich selbst völlig zerstört haben.
  • In »Die linke Hand der Dunkelheit« wird der Planet Gde als sehr heiß und wüstenartig dargestellt.  Seine hochentwickelte Zivilisation muss einige Jahrtausende zuvor sein ökologisches Gleichgewicht zerstört haben.

Quellen

[1] Ansible Based Interstellar Internet – Luke Maciak (Stand 27.05.2020)

[2] Die zwölf Striche der Windrose – Ursula K. Le Guin, Wilhelm Heyne Verlag München, 1983

[3] Winterplanet – Ursula K. Le Guin, Verlag Das Neue Berlin 1979

[4] Hainish – Ursula K. Le Guin, Wilhelm Heyne Verlag München 1991

[5] Ein Fischer des Binnenmeeres – Ursula K. Le Guin, Edition Phantasia 1998